Ich habe im Artikel „Affenmarkt“ einen rationalen, nach den Regeln der Logik funktionierenden, nahezu perfekten Markt beschrieben, in dem Informationen für alle zugänglich sind und sich sofort im Aktienkurs widerspiegeln beschrieben. Der Theorie nach zumindest, sollte jederzeit die Aktie den „richtigen“ Preis ausweisen, welcher alle verfügbaren Informationen und die beste Voraussage über die Zukunft widerspiegelt.
Wenn jedoch alle Aktien nun den „richtigen“ Preis ausweisen, dann kann jedoch niemand erwarten, durch einen Kauf einen Gewinn zu lukrieren, oder durch einen Verkauf einen Verlust zu erleiden. Daraus könnte man weiter Schließen, das langfristige Gewinne nur durch Zufall oder Insiderwissen entstehen.
Heute möchte ich den Aktienmarkt aus einer etwas anderen Perspektive, nämlich aus der Sicht der Psychologie betrachten. Obwohl sich fundamental die Zugänge zu den beiden Theorien, also zur Rational-logischen und zur Psychologischen, stark unterscheiden, sollten sie doch als zwei Seiten einer Medaille angesehen werden und diese Medaille kann sich nur der umhängen, der keine der beiden Ansätze vernachlässigt.
Hier möchte ich nun ein Beispiel für ein Massenpsychologisches Phänomen anführen. Aus einer homogenen Masse nehme ich einen Akteur heraus, nennen wir ihn „Otto Normalverbraucher“ der ein x-beliebiger privater Investor ist. Dieser agiert in einem fiktiven Markt, in dem Phasen der Manie, Abschwung, Depression und des Aufschwungs sich zyklisch abwechseln.
- Phase der Manie:
Jeder redet vom Aktienmarkt, jeder prahlt mir seinen phantastischen Gewinnen mit den Aktien X, Y. Die Zeitungen schreiben vom Ende der Konjunkturzyklen und das Fernsehen berichtet vom Goldenen Zeitalter des immerwährenden Aufschwunges. Von der allgemeinen Euphorie angesteckt, und aus Ärger über seine mickrige Rendite beschließt Otto seine Ersparnisse in Aktien zu investieren. Schließlich haben die „Experten“ das goldene Zeitalter ausgerufen und wenn alle in der Börse reich werden, dann will auch Otto bei der Party nicht fehlen und sich ein Stück vom Kuchen abschneiden.
- Phase des Abschwunges:
Nachdem Otto anfangs schöne Gewinne einfahren konnte, beginnt der Aktienmarkt langsam zu fallen. Das jedoch bei nach wie vor ungebremster Euphorie. Gute Gelegenheit zum nachkaufen! Es kann ja schließlich nur aufwärts gehen! Der Optimismus ist ungebrochen, doch die Abwärtsbewegung beschleunigt sich. Erste Unsicherheiten machen sich bei Otto breit. Otto versteht die (Börsen) Welt nicht mehr. Die Börsen fallen und fallen. Aussitzen ist nun die Devise, es wird schon wieder bald raufgehen, mit den Kursen.
- Phase der Depression:
Nun kommen nach und nach erste negative Nachrichten von der Wirtschaftsseite. Unternehmen gehen pleite, Banken kommen in Schieflage wegen hoher Abschreibungen und niedrigem Eigenkapitals, die Konjunkturlage trübt sich ein. Panik und Angst kommt auf den Börsen auf und jeder versucht noch zu retten was zu retten ist. Weltuntergangsstimmung an den Börsen und auch Otto verkauft in höchster Panik um zumindest einen kleinen Teil seines Geldes noch zu retten.
- Phase des Aufschwunges:
Nach großen Panikverkäufen scheint es doch noch „Wahnsinnige“ zu geben die nun beginnen Aktien einzusammeln. Unverständlich! Doch irgendwann, die Zeitungen und das Fernsehen berichten unterdessen vom Ende des Finanzsystems und des Kapitalismus, beginnen die Aktien wieder zu steigen. Otto hat Mitleid mit den armen Irren, die nun Aktien kaufen. Doch die allgemeine Lage beruhigt sich und die Aktien erholen sich wieder. Otto schwört, nie wieder eine Aktie zu kaufen. Irgendwann kommt die nächste Phase der Euphorie und wer weiß schon, ob Otto nicht wieder dabei sein wird, wenn das große Geld verteilt wird Abschließen möchte ich mit Rousseau:“ Das Geld, was man hat, verhilft uns zu Freiheit, das Geld, dem man nachjagt, macht uns zu Knechten!
In diesem Sinne, alles Gute, Euer Börsen-Jo